Warme Weihnachten in Fort Lauderdale

Claudia

Power-Mom und Moderatorin
Moderator
Florida

Warme Weihnachten in Fort Lauderdale


Im Süden Floridas ist es an einem durchschnittlichen Wintertag 19 Grad warm. Schokoweihnachtsmänner schmelzen da in der Sonne, Punsch schmeckt nicht, und Schnee ist sowieso Mangelware. Wie soll man da stimmungsvoll Weihnachten feiern? Ganz einfach – mit der größten beleuchteten Bootsparade der Welt.


Eine Alternative zum Weihnachtsmarkt: Adventsschmuck auf dem Wasser.

Weihnachten ist für Florida eine schwierige Jahreszeit: Das amerikanische Interesse an Kitsch verlangt nach ausschweifendem Schmuck am Haus, nach rot-grünen Girlanden, blinkenden Schneemännern und Rentier-Gespannen im Vorgarten. Eigens im Advent eingerichtete Radiosender spielen von früh bis spät Weihnachtslieder: Bing Crosby, Frank Sinatra und Gospelchöre geben stündlich „Let it snow“ zum besten. Doch mit dem Schnee ist das so eine Sache: Wer in Süd-Florida lebt, kennt ihn nur aus dem Fernsehen oder von Besuchen im Norden. Rund um Miami und Fort Lauderdale aber ist er Mangelware. Dennoch wollen sich auch die Millionen Bewohner Floridas den Festglanz der Weihnachtszeit nicht entgehen lassen – das kann für Touristen eine ganz interessante Erfahrung werden.
Schon Ende November beginnt die Vorfreude: „Die Wärme und Sonne halten uns nicht davon ab, die Vorweihnachtszeit mit allem zu feiern, was dazu gehört“, sagt Dana Fisher, Studentin in Fort Lauderdale und ein waschechtes „Beach-Girl“. Weil aber die Schoko-Weihnachtsmänner in der Sonne so schnell schmelzen und der heiße Apfelpunsch nicht so recht schmecken will, hat man sich in Fort Lauderdale etwas Einzigartiges einfallen lassen: Im „Venedig Amerikas“, wie die Stadt nördlich von Miami wegen ihrer zahlreichen Kanäle und Wasserwege gerne genannt wird, schmücken Dutzende Bootsbesitzer ihre Schiffe und gleiten mit ihnen durchs Wasser.
Fort Lauderdale lässt den Ort im wahrsten Wortsinn erstrahlen - vom Wasser aus: „Das nennen wir „Winterfest Boat Parade“, erzählt Elly Smithe, die vom „Stranahan House“ aus den Vorbereitungen für die größte beleuchtete Bootsparade der Welt beobachtet. In diesem Jahr soll sie am 13. Dezember stattfinden. Dutzende Jachten, einige davon größer als Einfamilienhäuser, sowie Segelschiffe und kleine Fischerboote werden dann geschmückt wie sonst nur die Vorgärten. „To the nines“ nennen die Amerikaner es, wenn sie jemanden oder etwas komplett ausstaffieren – und genau so sehen die Boote aus: Es blinken Lichter über Lichter, die meist Bilder ergeben in der dunklen Tropennacht, wenn sich die Parade in Bewegung setzt. Gern genommene Motive sind Rentiere und der amerikanische Santa Claus, Tannenbäume, Geschenkpäckchen, Zuckerstangen – alles eben, was zu „Christmas“ dazu gehört.
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Advents-Barbecues zur Einstimmung


Andere Boote wirken eher maritim und im Florida-Stil gestaltet: Auf ihnen springen nicht die Rentiere, Santa und seine Elfen durch die Luft, sondern Delfine. Und wieder andere machen schlicht Werbung: Erleuchtete Logos dekorieren diese Boote, auf denen rauschende Partys gefeiert werden. Entlang des New River, des Flusses, der sich durch Fort Lauderdale schlängelt, wird ebenfalls gefeiert: Hotels, die einen Wasserzugang haben, halten Disco-Partys oder feine Bälle ab. Auch Privatleute, deren Grundstücke ans Wasser grenzen, sind bestens vorbereitet. Die Gärten der Multimillionen-Dollar-Villen schmücken zum Beispiel riesige weihnachtliche Figuren, die nachts zu blinken und zu leuchten beginnen. Auch in diesen Häusern wird gefeiert: Die Advents-Barbecues dienen zur Einstimmung auf das Weihnachtsfest, während draußen auf dem Fluss die gut 100 Boote vorbeigleiten.


Fast vier Jahrzehnte schon schlängeln sich die Jachten durch den „Intercoastal“, eine Art Autobahn für Schiffe. Rund 16 Kilometer lang ist der Weg, den die Parade nimmt. Seit ein paar Jahren haben die Ureinwohner Floridas vom Stamm der Seminolen die Regie dieses Festes übernommen – und sie mischen auch in zahlreichen anderen Bereichen der Kultur und der Wirtschaft im „Sunshine State“ kräftig mit. Ihr Land liegt etwa eine Stunde Autofahrt westlich von Fort Lauderdale in den Everglades, dem bekanntesten Sumpfgebiet Nordamerikas. Vor gut eineinhalb Jahrhunderten hatte die amerikanische Regierung versucht, die Indianer aus diesem Gebiet zu vertreiben. Aber die Kriegsherren hatten die Rechnung ohne das gewitzte Volk gemacht, das sich in den Mangrovensümpfen viel besser auskannte als die Uniformierten, die es besiegen sollten.
Der zweite Krieg gegen die Seminolen zog sich über sieben Jahre hin, von 1835 bis 1842 – und er machte den Amerikanern wohl mehr Schwierigkeiten, als sie sich das hatten träumen lassen. Die Indianer jedenfalls konnten sich lange gegen die deutlich höhere Anzahl von Soldaten halten. Der Krieg kostete die US-Truppen mehr Opfer als der Unabhängigkeitskrieg und forderte Tausende Tote auf beiden Seiten. Viele Seminolen wurden anschließend nach Oklahoma im Mittleren Westen gebracht – formell aufgegeben haben sie jedoch nie und bezeichnen sich deswegen als einziger „uneroberter“ Indianerstamm Amerikas.
Heute leben in Florida rund 3500 Menschen mit Seminolen-Wurzeln. Viele von ihnen haben sich im Okalee Indian Village organisiert, in dem die Kultur des Stammes und dessen ursprüngliches Leben in den Everglades dargestellt wird. Der Besuch in einem Nachbau eines traditionellen Dorfes zeigt, wie einst nach überlieferten Methoden Mahlzeiten zubereitet oder Schmuck und Kleider hergestellt wurden. Im „Ah-Tah-Thi-Ki Museum“, dessen Name übersetzt „Ein Platz zum Lernen; ein Platz, sich zu erinnern“ bedeutet, sind auch Artefakte wie Jagdwaffen, Kleidung und Figuren zu sehen.

Am River Walk werden Tribünen errichtet


Das Unternehmen „Seminole Tribe of Florida, Inc.“ hat zudem vor vielen Jahren begonnen, auf dem nach US-Gesetz unabhängigen Land des Stammes ein Spielkasino zu errichten. Der Coup brachte ihm riesige Einnahmen – so erfolgreich sind die Indianer mit dem Angebot von Glücksspiel, dass sie erst vor wenigen Jahren die gesamte Kette der „Hard Rock Cafés“ weltweit übernommen haben. Dabei mehren sie aber nach eigenen Angaben nicht nur Reichtümer, sondern investieren auch in das Gesundheits- und Sozialsystem sowie die Ausbildung der Stammesmitglieder – und eben in Veranstaltungen wie die „Boat Parade“. Damit wollen sie den Zusammenhalt im Broward County, dem Landkreis mit Fort Lauderdale und den Everglades, fördern. Damit die „Boat Parade“ keine Veranstaltung für die „Oberen Zehntausend“ ist, die eine Jacht oder ein Grundstück am Wasser besitzen, ist der Weg im Jahr 2007 so verändert worden, dass mehr Menschen von öffentlichen Plätzen aus zuschauen können: Tribünen werden entlang des River Walk errichtet, einer Promenade, die direkt ans Wasser grenzt.
Auch um das „Stranahan House“ herum – jenem gut 100 Jahre alten Holzhaus, das als der Gründungspunkt Fort Lauderdales gilt – machen sich viele Menschen einen schönen Abend. Ein Mann namens Frank Stranahan hatte dort 1901 einen Handelspunkt für Siedler und die Indianer eingerichtet. Schnell entwickelte sich die Hütte zu einem Mix aus Postamt, Gemeindezentrum und Rathaus. Stranahan war Postchef, Banker und Geschäftsmann in Personalunion. Der Pionier heiratete schließlich eine Pionierin: Ivy Cromartie, die erste Lehrerin in der Region. Und es dauerte nicht lange, bis auch das gesellschaftliche Leben ins „Stranahan House“ einzog.
Nach Ivys Tod wurde das Holzhaus unter Denkmalschutz gestellt und gehört heute als Museum zu den kleinen Schmuckstücken in Fort Lauderdale. Und jedes Jahr im Advent rücken Scharen von Ehrenamtlichen an, um auch dieses Haus mit den weißen Veranden auf Weihnachten zu trimmen: Es gibt künstliche Tannenbäume mit Schmuck und Lichtern auf jeder Etage, die typischen „Stockings“ am Kamin, Lametta, Leuchten und Blinker, auf dass sich die alten Balken biegen. Und aus kleinen, versteckten Lautsprechern tönt „Let it snow“ in der Endlosschleife.

Quelle: www.welt.de
 
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