http://www.n-tv.de/Inside_Wall_Street_Schon_wieder_ein_Bailout/011020082617/1031854.html
Soooo, nachdem das PAket doch kommt, klagt nun auch noch die Autobranche ihr Leid. s. o.
Dazu kommen noch ander Artikel von NTV:
Der amerikanische Senat hat das 700 Mrd. Dollar schwere Rettungspaket für die Wall Street mehrheitlich beschlossen - und das ganze Land ist sauer. Zumal es längst nicht mehr um 700 Mrd. Dollar geht, seit Republikaner und Demokraten alle möglichen Positionen addiert haben, um an die nötigen Ja-Stimmen zu kommen.
Aus der Schlappe vom Montag hat man nämlich gelernt. Das Repräsentantenhaus hatte das Rettungspaket abgelehnt, da es bei den Wählern mehrheitlich nicht ankommt. Ein Wunder war das nicht. Immerhin muss der Steuerzahler für die Fehler der Wall Street bluten; polemisch gesprochen zahlt der kleine Mann die Zeche für die Milliardäre in New Yorks Bankenviertel, die sich in den Boom-Jahren gegenseitig haarsträubende Boni zugespielt haben.
Für zahlreiche Abgeordneten im Repräsentantenhaus war das Paket also nicht durchzubringen. Einerseits weil sie demnächst wiedergewählt werden wollen; andererseits - zumindest in Einzelfällen - weil sie allgemein dagegen sind, dass der Staat wieder einmal einspringt und hinter den gierigen CEOs aufräumt.
Weil Washington - anders als der Rest der USA - das Rettungspaket für die Wall Street aber beschließen wollte, hat man sich nun einen alten Trick einfallen lassen: In Tag und Nacht andauernden Verhandlungen wurden zahlreiche Provisionen angehängt, die kritischen Abgeordneten auf die Sprünge helfen sollten. Das sind die sogenannten "Earmarks"; zweckgebundene Mittel, die in Amerika traditionell jedem umstrittenen Gesetz beigefügt werden, die die Gesetzgebung jedes Jahr um zig Milliarden Dollar verteuern.
Wahlgemerkt sind nicht alle "Earmarks" schlecht - auch nicht all diejenigen, die man in Eile dem jüngsten Rettungspaket für die Wall Street angehängt hat. Für die südöstlichen Bundesstaaten etwa sind 8,8 Mrd. Dollar an zusätzlicher Katastrophenhilfe geplant, um mit den Folgen der jüngsten Hurrikans fertig zu werden. Für die gesamte Energie-Industrie gibt es erweiterte Steuersenkungen für alles, was mit der Entwicklung alternativer Energien zu tun hat, vor allem im Solar- und Wind-Bereich.
Doch haben diese Dinge mit dem "Bailout" für die Wall Street nichts zu tun. Und: Es gibt einige völlig absurde Provisionen, die sich in dem Gesetz überhaupt nicht begründen lassen. So hat man Steuervergünstigungen für die Rum-Industrie auf Puerto Rico beschlossen, ebenso für einen Branchenverband "Wolle" und für die Hersteller von Holzpfeilen für Kinderspielzeug. Weniger Steuern zahlen künftig auch die Betreiber von Stock-Cart-Rennbahnen und die Indianerstämme, die in ihren Reservaten Kasinos betreiben.
Dank dieser Anhängsel stehen jetzt statt 700 satte 850 Mrd. Dollar zur Debatte, die bisher nicht gegenfinanziert sind und komplett auf Kosten der Staatsverschuldung gehen. Was sagen die Präsidentschaftskandidaten dazu? - Beide haben sich im Zusammenhang mit dem Rettungspaket nicht mit Ruhm bekleckert. Beide haben für das Paket gestimmt. Barack Obama mit der Begründung, dass es zwar eine teure und unfaire Lösung eines Problems sei, doch aber die einzige, die sich nach acht Jahren verkehrter Politik darstelle.
Damit ist er wenigstens einigermaßen aus dem Schneider, während sich John McCain erneut zum Gespött der Nation gemacht hat. Im Wahlkampf tritt es seit Monaten als Finanzkonservativer auf, der dem Volk geschworen hat, im Falle seiner Wahl niemals für ein Gesetz mit "Earmarks" zu stimmen. Vier Wochen vor der Wahl ist das Versprechen dahin.
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Dass Amerika auf einem steilen Weg bergab ist, bestreitet längst keiner mehr. Und die jüngsten Arbeitsmarktzahlen bestätigen, dass die Rezessionsängste, die Skeptiker seit langem hegen, berechtigt sind. Umso dringender bemüht sich Washington, noch vor Wochenschluss das viel diskutierte Rettungspaket für die Wall Street zu verabschieden. Ob es hilft?
Das Rettungspaket für die Wall Street, das zunächst auf 700 Milliarden Dollar taxiert war und dann mit völlig überflüssigen und von Steuerzahlerverbänden massiv kritisierten Zusätzen auf 850 Milliarden Dollar aufgebläht wurde, ist am Freitagmittag vom Repräsentantenhaus verabschiedet worden. Daran ändern auch unzählige Demonstrationen nichts, bei denen tausende von Bürgern gefordert haben, dem Spuk ein Ende zu machen und nicht mit Steuergeldern die Banken freizukaufen.
Die Abstimmung im Senat, wo das Rettungspaket mit einer Dreiviertel-Mehrheit abgesegnet wurde, hat gezeigt, dass US-Politiker auch unter dem großgeschriebenen Motto "Change" zu eben diesem Wechsel doch nicht bereit sind. Zu mächtig sind die Banken, als dass man ihnen diesmal Hilfe aus Washington verweigert hätte. Dabei hätte man das durchaus tun und das Rettungspaket ablehnen können, meinen zumindest führende Volkswirte. Die kaufen das Argument nicht, dass Washington sich gerade zum kleineren Übel durchringe und keine andere Chance habe. Im Gegenteil: Viele - darunter einige aus dem Obama- oder McCain-Lager sowie politisch unabhängige - halten die 451 Seiten starke Vorlage für wirkungslos.
Jonathan Berk, Finanzprofessor an der renommierten Stanford University, war "noch nie so frustriert. (…) Die Politiker wissen nicht was sie tun, sie kennen sich in der Materie überhaupt nicht aus."
Für einige Volkswirte beginnt es damit, dass Washington die Situation nicht richtig einschätze und das Rettungspaket zu groß und zu weitläufig gemacht habe. "Einige Boote sinken", erklärt John Cochrane von der University of Chicago Business School. "Statt diese Boote zu retten, sprengt man den Damm und flutet den ganzen See."
Auch Robert Hansen von der Tuck School of Business am Dartmouth College meint, das ein Eingreifen der Regierung wohl nötig wäre. "Aber ein Eingreifen in dieser Höhe? Nein." Der Wirtschaftsnobelpreisträger Daniel McFadden, Professor in Berkeley, sieht die USA mittlerweile da, "wo die Sowjetunion 1988 war, nämlich ein Jahr vor ihrem Zusammenbruch. McFadden sieht dringenden Handlungsbedarf, sagt aber: "Ich glaube nicht, dass das (aktuelle Paket) ein gutes Paket ist.
Die Mängelliste der Experten ist lang, doch in einigen Punkten sind sich die meisten Experten einig: Sie glauben, dass das Paket nicht nur zu groß und zu teuer ist, sondern dass es auch am falschen Ort einsetzt. Sie halten zudem die zahlreichen Einschübe für überflüssig, mit denen sich Kritiker Steuervergünstigungen für alle möglichen Sonderprojekte und einzelne Branchen gesichert haben. Diese haben mit dem eigentlichen Paket nichts zu tun und scheinen nur ihren Weg in das Gesetz gefunden zu haben, um skeptischen Abgeordneten eine Ja-Stimme abzutrotzen.
Unterm Strich ist das Rettungspaket für die Wall Street also für Wirtschaftsexperten und für die Mehrheit des Volkes eine Katastrophe. Durchkommen dürfte es dennoch, und in Bezug auf die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen wirft das zumindest eine Frage auf: Während sich das Stimmenverhältnis zwischen Barack Obama und John McCain - beide stimmten im Senat für das Paket - nicht verändert hat, fragt sich, ob Wähler ihren Frust anderweitig zeigen und am Ende etwa die mühsam erarbeitete Wahlbeteiligung leidet.