Manchmal ist Deine blauäugige Ignoranz wirklich schwer zu ertragen......
Wie willst Du wissen ob keiner die mehr als 10.000 Toten betrauert wenn Du Dich nicht durch den Thread kämpfst? Das hat wohl jeden berührt....
Nur kann man diesen Toten nicht mehr helfen - aber die Überlebenden auf der ganzen Welt können aus der Katastrophe zumindest in dem Bereich was lernen, den sie unter Kontrolle haben können und das ist eben die Kernenergie. Darum geht es hier: Wieviel Risiko ist man bereit in Kauf zu nehmen um Kernenergie zu nutzen? Dieses Unglück hat doch gezeigt: Das "Restrisiko" besteht nicht nur auf dem Papier sondern ist Realität: Wenn ein Unglück trotz aller Sicherheitsmaßnahmen passieren
kann, dann
wird es auch passieren - die Frage ist nur "wann" und nicht "ob". Eigentlich sollte man sowas schon die Geschichte lernen, aber viele Menschen sind in diser Hinsicht leider lernresistent: Was sie nicht selber erfahren, dass ist auch nichts wert.
Deine Einschätzung "ist doch wohl nicht so schlimm und sie bekommen das schon in den Griff" ist aber sowas von meilenweit an der Realität vorbei das es schon weh tut.
"Nicht so schlimm" heißt nur, dass bisher nicht der mögliche "worst case" eingetreten ist und "bekommen das schon in den Griff" bedeutet nur, dass sie evtl. diesen drohenden "worst case" noch abwenden können, aber nicht, dass es nicht jetzt schon eine mörderische Katastrophe ist, die den dortigen Landstrich noch auf Jahrzehnte, wenn nicht Jahrhunderte extrem belasten wird.
Aus Tschernobyl hat man leider damals nichts gelernt, zum einen sicher wegen mangelhafter Information, zum anderen sicher auch aus einer gewissen Arroganz, dass man meinte sowas wäre nur auf die magelnde Ausbildung, Ausrüstung und Sicherheitsbewusstsein eines Ostblockstaates zurückzuführen. Inzwischen kann man aber imer noch eine ganze Menge daraus lernen.......
Was passiert denn jetzt in Japan? Das "in den Griff bekommen" heißt nämlich nicht, dass die da dann bald wieder reingehen können und die AKWs wieder reparieren und in Gang setzen. Wenn sie es schaffen, die Kühlung wieder in Gang zu bekommen, dann wird die Monate und Jahre laufen müssen um das brodelnde Gemisch davon abzuhalten eine Kernschmelze zu erzeugen, sich durch den Boden des reaktors zu fressen und das Grundwassser und vermutlich auch das Meer auf Jahre bis Jahrhunderte radioaktiv zu verseuchen.
Bei dem Kühlungsversuch entsteht Dampf der radioaktiv verseucht ist - diese verseuchten Partikel lagern sich ab und werden ggfs. von Pflanzen, Tieren, Menschen und dem Grundwasser aufgenommen und führen zu Erkrankungen und Mutationen des Genmaterials. Was wiederum zu Missbildungen führt - an Tschernobyl gut zu beobachten.
Um all das halbwegs kontrollieren zu können wird das AKW einen Sarkophag wie der Reator in Tschernobyl bekommen müssen und das kontaminierte Material möglichst eingesammelt und endgelagert werden. Normal müssten das Roboter machen um Menschen nicht zu gefährden - ist aber bisher noch nicht sicher, ob das funktioniert - die in Tschernobyl eingesetzten wurden sehr schnell durch die Strahlung zerstört, so dass die Aufgabe von "Zwangsarbeitern" erledigt wurde, die im Anschluss gestorben sind wie die Fliegen. Dort wurde auch der Sarkophag mehrfach nachgebessert weil er zu zerfallen drohte - eine stabile Lösung ist auch heute, 25 Jahre später, noch nicht installiert (
Reaktorunglück: Ein Stahl-Sarkophag für Tschernobyl | Wirtschaft | ZEIT ONLINE)
Sollte der Sarkophag irgendwann vernünftig sitzen kann dann auch mal damit begonnen werden, das AKW samt Sarkophag in Stücke zu zerlegen und in Endlager (die bisher noch nicht bekannt und/oder nachgewiesen sicher sind) verbracht werden, wo sie noch rund 1000 Jahre weiterstrahlen - das wird in Tschernobyl nicht vor dem Jahr 2143 begonnen werden, vorher ist das durch die entsprechenden Halbwertzeiten des radioaktiven Materials voraussichtlich nicht möglich. Das wird in Japan nicht anders sein.
Tschernobyl war in einer schwach besiedelten Gegend - dort wurden rund 350.000 Menschen umgesiedelt. In Japan befinden sich im gleichen Gebiet rund 40 Millionen Menschen - die kann man nicht umsiedeln.
An den Folgen dieses Unglücks bzw. damit zusammenhängenden Folgeerkrankungen werden noch in 20-30 Jahren Menschen sterben, teilweise nach jahrelangem Leiden und Sichtum. Es werden junge Frauen Kinder verlieren, behinderte Kinder und Missgeburten zur Welt kommen. Es werden Kinder an Krebs erkranken und sterben bevor sie erwachsen sind, nicht ohne vorher jahrelang Chemotherapien und Bestrahlungen zu bekommen. Es werden viele Tiere an Krankheiten leiden und umkommen, weil sie keine Möglcihkeit haben belastet Pflanzen zu erkennen und zu meiden.
Erzähl' all denen mal, das ist ja alles nicht so schlimm gewesen wie es hätte sein können. Und erkläre denen mal, warum es wichtiger ist Elektrizität zu möglichst geringen Preisen zu verschwenden als wenn es kein Morgen gäbe anstatt auf Atomenergie zu verzichten, sich evtl. etwas einzuschränken und alternative Energien zu fördern auch wenn es evtl. ein paar Prozent mehr kostet....
Dieses Unglück hat gezeigt, dass auch in hochtechnologischen Gesellschaften mit höchsten Sicherheitsstandards immer Situationen eintreten können die nicht berechenbar sind - und dass das im Zusammenhang mit Kernenergie zu Leid unvorstellbaren Ausmaßes führen kann werden die kommenden Jahre und Jahrzehnte zeigen. Vielleicht lernen jetzt genug Menschen auf der Welt so viel daraus, dass ein Umdenken einsetzt.....
Auch interessant in dem Zusammenhang:
Tschernobyl heute - Quarks & Co - WDR Fernsehen
Neuere Studien gehen davon aus, dass an den Folgen von Tschernobyl bis zum Jahre 2056 rund 230.000 Menschen gesorben sein werden...... - dazu muss man wohl nichts mehr sagen.